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Vision Simulation

Geschichten aus Bekatopia

(Nacherzählung der Geschichten, wie ich sie in der virtuellen Welt erlebt habe)

Das erste Treffen

Da sitzt Beka nun und was sie kaum zu hoffen gewagt hatte, ist eingetroffen. Sie hat Sponsoren und Freiwillige gefunden, um das Experiment 'Bekatopia' zu starten. Ein verlassenes Dorf in einem ehemaligen Abbaugebiet wird für ein Jahr das Zuhause und die Wirkungsstätte von ihr und 948 weiteren Bewohnern sein. Hier wollen sie herausfinden, ob ein Zusammenleben ohne Profitdenken und dennoch weitgehend autark möglich sein wird.

Der Morgen des ersten Tages beginnt mit hektischer Betriebsamkeit. Die Ankommenden ziehen in die bereitgestellten Wohneinheiten ein, erkunden die Umgebung und lernen ihre neuen Nachbarn kennen. Außerdem machen sie sich mit ihren PAIs vertraut – den persönlichen KI-Assistenten, die jedem Bewohner zur Verfügung stehen.

Beka steht mit einer kleinen Gruppe von Organisatoren auf dem zentralen Platz, wo die wichtigsten Abläufe für die ersten Wochen besprochen werden. „Es ist entscheidend, dass wir jetzt klare Strukturen schaffen,“ sagt sie mit Nachdruck. „Jeder soll wissen, wohin er sich wenden kann.“ Es entsteht die ZAS, die Zentrale Anlaufstelle für Ideen, Probleme und Diskussionen, die den Bewohnern eine Plattform bietet, sich auszutauschen und Entscheidungen zu treffen.

Die ersten Herausforderungen lassen nicht lange auf sich warten. Eine der Gemeinschaftsküchen hat zu wenig Kochutensilien, und die Nachfrage nach Werkzeug für kleinere Renovierungsarbeiten übersteigt die Vorräte. Beka beruhigt die Bewohner und organisiert spontan eine Börse, bei der nicht gebrauchte Gegenstände ausgetauscht werden können. „Das zeigt schon, wie wichtig unsere Zusammenarbeit sein wird,“ bemerkt sie später gegenüber ihrem Team.

Ein Highlight der ersten Woche ist die Planung eines Gemeinschaftsgartens. Eine kleine Gruppe von Enthusiasten markiert die Fläche und beginnt mit der Bodenbearbeitung. Kinder pflanzen voller Begeisterung erste Samen, während ältere Bewohner Tipps zum Anbau geben. Der Garten wird schnell zum Treffpunkt und Symbol für den Zusammenhalt in Bekatopia.

Doch nicht alles verläuft reibungslos. Bereits nach wenigen Tagen gibt es Unstimmigkeiten über die Nutzung der Gemeinschaftsräume. Einige Bewohner wollen sie für Workshops nutzen, andere bevorzugen Ruheorte. Beka schlägt eine Abstimmung vor, bei der die Mehrheit entscheidet. „Wir werden Kompromisse finden und Prioritäten setzen müssen, aber das ist Teil des Experiments,“ erklärt sie mit einem Lächeln.

Mit der Zeit entstehen immer mehr Projekte: Ein verlassenes Lagerhaus wird zu einem Kulturzentrum umfunktioniert, in dem auch die Büros des ZAS integriert werden sollen. Ein Team arbeitet zudem an einem einfachen Energieversorgungssystem. Beka ist stolz auf die Dynamik, die in der Gemeinschaft entsteht.

Eines Abends sitzt sie erschöpft, aber zufrieden vor einem kleinen Lagerfeuer im Stadtpark. Um sie herum versammeln sich Bewohner und teilen Geschichten aus ihrem Leben. „Das hier ist erst der Anfang,“ sagt sie leise. „Aber es fühlt sich richtig an.“ Die Flammen tanzen in der Dunkelheit, und für einen Moment scheint die Zukunft von Bekatopia greifbar nahe.

Am nächsten Tag steht eine groß angelegte Vorstellung von Aidam, der zentralen KI von Bekatopia, an. Gemeinsam mit einem Techniker des KI-Tech-Unternehmens, das Aidam und die PAIs bereitstellt, erklärt Beka, dass Aidam im Hintergrund die Verwaltung der Ressourcen übernimmt. Die PAIs haben Zugriff auf die Analysen und Dokumentationen von Aidam und können somit die Transparenz gewährleisten. Außerdem verweist sie auf das Jobportal, in dem jeder seine Arbeitskraft selbstständig anbieten oder passende Jobangebote suchen kann.

Beka selbst schreibt drei Moderatoren-Stellen für die ZAS-Seite aus. In diesem Augenblick wird ihr bewusst, dass dies als eigenmächtiges Vorgehen angesehen werden könnte, doch sie rechtfertigt es als 'organisatorisch notwendig, um den Start zu ermöglichen'. Schließlich sollen diese Moderatoren dabei helfen, zukünftig die Diskussionen und daraus resultierenden Entscheidungen zu unterstützen. Die Bewohner hören aufmerksam zu, und erste Bewerbungen lassen nicht lange auf sich warten.

Es melden sich Mila, Leo und Thomas. Vor dem eigentlichen Gespräch kommen sie zu Beka und schildern kurz ihre bisherigen Erfahrungen, damit alle ein besseres Bild voneinander bekommen. Mila erzählt, dass sie mehrere Jahre Erfahrung in der Moderation von Online-Foren hat und häufig als Mediatorin in Teams tätig war, die von Konflikten geprägt waren. Leo erklärt, dass er als Techniker bei verschiedenen Projekten zur Entwicklung von Kommunikationssystemen gearbeitet hat und oft Wege findet, technische Lösungen effizient und benutzerfreundlich zu gestalten. Thomas berichtet, dass er aus dem Veranstaltungsmanagement kommt und dort für die Koordination von Teams und die Lösung organisatorischer Herausforderungen verantwortlich war.

Beka fragt sie, ob sie spontan ein Vorstellungsgespräch führen möchten oder ob sie sich erst darauf vorbereiten wollen. Sie schlägt vor, das Gespräch in der Gruppe zu führen, um den Ablauf nicht dreimal wiederholen zu müssen. Außerdem könnten sich die drei so direkt kennenlernen. Einer Eingebung folgend schlägt sie vor, das Gespräch gleich hier 'unter den Augen der Öffentlichkeit' zu führen. „So können auch die anderen Bewohner erfahren, was meine Vorstellung der ZAS ist, und es wäre ein klares Zeichen für die Transparenz, die typisch für Bekatopia werden soll,“ erklärt sie.

Beim Gespräch betont Beka die Aufgaben der Moderatoren: Sie sollen sich um die Struktur der ZAS-Seite, die Einhaltung der Netiquette und die Übersichtlichkeit der Diskussionen kümmern. Zudem werden sie die telefonischen und postalischen Anliegen der Bewohner ins Forum übertragen. „Wir wollen sicherstellen, dass Technikmuffel und Dinosaurier nicht vergessen werden,“ fügt Beka hinzu, „aber wir legen allen nahe, das Forum zu nutzen, da es die beste Möglichkeit ist, dass die Meinung aller Gehör findet.“

Beka macht auch klar, dass die Moderatoren Einwohner von Bekatopia sind und somit nicht der Neutralität, sondern ihrer Überzeugung verpflichtet sind. „Falls es sich herausstellen sollte, dass die persönliche Meinung eines Moderators nicht mit den Grundsätzen von Bekatopia übereinstimmt, dann werden wir uns trennen müssen,“ erklärt sie. „Und in diesem Fall würde uns auch vorgespielte Neutralität nichts nutzen.“

Während Mila erst etwas erstaunt, dann jedoch begeistert von dieser Anordnung ist, meint Leo, dass er als Techniker wohl eher selten öffentlich seine persönliche Meinung kundtun würde. Er findet es jedoch gut, dass er niemandem etwas vorspielen muss und falls er mit den Grundsätzen oder Zielen von Bekatopia nicht mehr übereinstimmen sollte, würde er sowieso lieber bei der ZAS wieder aufhören, als ein Propagandist gegen seine Überzeugung zu sein. Thomas fragt, ob das die Erlaubnis sei, einem verbohrten Idioten zu sagen, dass er ein Idiot sei. Beka antwortet ganz ruhig: „Selbstverständlich nicht, Thomas. Ich kann verstehen, dass man manchmal versucht ist, eine Diskussion auf diese Art zu beenden. Aber ich befürchte, dass sie dadurch nicht beendet wird, sondern eskalieren wird. Und genau das wollen wir nicht. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung. Und wenn er sie begründen und verteidigen kann, ohne beleidigend zu werden, dann darf er sie auch behalten. Nachdem Du also herausgefunden hast, wieso er die Dinge so sieht, wie er es tut, sagst Du ihm, was Du genauso siehst und wo Du anderer Meinung bist. Dann forderst Du ihn höflich auf, es doch auch mal aus anderen Perspektiven anzusehen.“

Thomas nickt langsam, sichtlich nachdenklich. „Okay, ich verstehe, was du meinst,“ sagt er schließlich. „Es ist nur manchmal schwer, wenn jemand komplett an allem vorbeiredet.“ Mila lächelt und fügt hinzu: „Das ist genau der Punkt, an dem wir als Moderatoren eine besondere Verantwortung haben. Wir sollen nicht nur die Diskussionen strukturieren, sondern auch dabei helfen, dass sie produktiv bleiben. Das bedeutet manchmal, Emotionen zu entschärfen, und manchmal auch, Brücken zu bauen.“

Leo hebt die Hand und ergänzt: „Vielleicht sollten wir auch eine Art Leitfaden für Diskussionen auf der ZAS-Seite erstellen. So können wir klare Regeln kommunizieren, aber auch Tipps geben, wie man effektiv miteinander reden kann. Das würde uns viel Arbeit ersparen und den Bewohnern helfen.“

Beka nickt zustimmend. „Eine großartige Idee, Leo. Das könnte eines eurer ersten Projekte sein. Es zeigt schon jetzt, dass ihr das Potenzial habt, als Moderatoren eine echte Bereicherung für Bekatopia zu sein. Außerdem seid Ihr nicht allein. Wenn Ihr nicht weiterkommt, dann fragt Eure Kollegen, Eure PAIs und ich bin sicher, dass auch die Community Euch hilft, jeder Meinung Gehör zu schenken ohne die Trolle zu füttern. Und wenn doch einmal etwas schief läuft, dann haben wir gelernt, wie es nicht funktioniert.“ fügt sie lächelnd hinzu. „Von meiner Seite gibt es dann nur noch eines zu klären. Falls Ihr Euch entscheidet im ZAS anzufangen, wäre es schön, wenn Ihr Euch absprechen würdet, so dass Ihr Euch regelmäßig im Büro trefft. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit eines Online-Meetings oder ein spezieller Moderatoren-Bereich auf der ZAS-Seite. So könnt Ihr relativ frei entscheiden, ob Ihr lieber vom Büro aus oder von Zuhause aus arbeiten möchtet. Während wir die Telefonate noch weiterleiten können, ist für die postalischen Beiträge der Bewohner jedoch jemand vor Ort nötig. Wie hoch der Aufwand sein wird, müssen wir sehen. Aber Ihr sollt wissen, dass Ihr Euer Arbeitszeitmodell selbst gestalten könnt, solange der Laden läuft.“

Nachdem die vier grob besprochen haben, wie eine Arbeitswoche aussehen könnte, schlägt Beka vor: "Lasst es Euch noch einmal durch den Kopf gehen. Ich würde mich freuen, wenn Ihr Euch für die Arbeit in der ZAS entscheiden würdet. Aber ich möchte, dass Ihr Euch sicher seid, dass Ihr das auch möchtet. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die viel Zeit und Energie kosten wird. Nur wenn Ihr wirklich Spaß daran haben werdet, werdet Ihr und die Gemeinschaft zufrieden sein mit Eurer Arbeit. Ich erwarte Eure Entscheidung und stehe Euch zur Verfügung, falls Ihr noch Fragen haben solltet."

Während die Männer sich für die Möglichkeit bedanken und versprechen, sich bald zu melden, bleibt Mila gedankenversunken stehen. "Ich möchte jetzt nicht voreilig wirken. Aber ich bin mir schon sicher, dass ich diesen Job machen möchte und würde am liebsten sofort beginnen." Beka lächelt verständnisvoll. "Das ist großartig, Mila. Ich freue mich, dass Du so motiviert bist. Dann lass uns doch gleich hineingehen." Gemeinsam gehen die beiden Frauen in das Gebäude und betreten den Aufzug.

Fortsetzung: Milas Arbeitsbeginn